
Prof. Karolin Violante
Professorin Modedesign"Mode ist immer in Bewegung, weil sie immer die Gegenwart repräsentiert"
Wie funktioniert das globale Fashion Business? Wie werden Kollektionen professionell geplant, international produziert, vermarktet und verkauft? Das können die Studierenden des Atelier Chardon Savard von ihrer Professorin Karolin Violante lernen. Sie weiß, wie die Zahnräder der internationalen Modeindustrie ineinandergreifen, und war Teil der großen Fashion Shows in London und New York, Mailand und Paris.
Sie blickt auf vielfältige Erfahrungen in der Lehre zurück – unter anderem für die Kunsthochschule Berlin-Weißensee, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, die Esmod Berlin sowie die US-amerikanische Intercontinental University (AIU). Von 1992 bis 1998 studierte die West-Berlinerin an der Universität der Künste (UdK) Berlin in der Klasse von Vivienne Westwood. Die Zusammenarbeit mit der britischen Stardesignerin war vertrauensvoll und intensiv. „Was auch immer Karolin Violante mit ihrem Talent anfängt - sie wird ein spannendes Leben haben“, formulierte Vivienne Westwood in einem Interview gegenüber der Zeitung „Die Welt“. Nicht nur entwickelte Karolin Violante in den Studienjahren ihre eigene kreative Handschrift, auch wurde sie von Vivienne Westwood als Kontaktperson rund um ihre Lehrtätigkeit, die Organisation der studentischen Modenschauen sowie die Einwerbung von Drittmitteln beauftragt. Ihr Diplom im Fach Modedesign legte Violante mit Auszeichnung ab. Prompt holte Vivienne Westwood sie in ihr Kreativteam nach London, wo Karolin Violante neue Designs, Schnitte und Stoffdrucke für Vivienne Westwoods Gold Label und Red Label entwickelte. Im Anschluss wechselte sie nach New York, um als Fashion Designerin für das Uptown-Label Luca Luca zu arbeiten. Danach gründete Violante mit „Karolin Maier-Hauff“ ihr erstes Modelabel in London, was später in „Squatters“ umbenannt wurde.
Was bedeutet Mode Ihnen ganz persönlich?
Mode ist immer in Bewegung, weil sie immer die Gegenwart repräsentiert. Mode kann dabei die Vergangenheit zitieren, wiederbeleben, uminterpretieren. Aber das, was letztendlich entsteht, spiegelt immer das aktuelle Gesellschaftsbild wider. Sei es Klimawandel oder Genderdiskussion, alles wird auf dem Laufsteg diskutiert. Mode ist unsere zweite Haut, unsere Identität, und daher viel mehr als bloße Oberflächengestaltung.
Mode macht den Alltag schöner, amüsanter und diverser. Für die kommende Generation von Designern geht es aber um noch mehr. Es geht darum, neue Bereiche zu entdecken, alte zu überdenken. Sie haben die einmalige Chance, die Modeindustrie neu zu gestalten, innovative, nachhaltige Produkte zu entwickeln und den Konsummuster zu verändern. Das finde ich wirklich spannend.
Woher kommen Ihre Inspirationen?
Kunst und Natur inspirieren mich, Bücher und Geschichten, manchmal sind es auch abstrakte Konzepte, die mich interessieren und die ich in einer Kollektion anzuwenden versuche. Ich glaube, ich kann fast alles in Mode übersetzen, was ich sehe. Aber wo auch immer die Inspiration herkommt, das Endprodukt muss doch für sich alleine sprechen und in sich schlüssig sein. Es entsteht ein Kleidungsstück, das den Körper umspielt, umhüllt oder manipuliert, je nachdem, welcher Inspiration es entsprungen ist.
Lässt sich Kreativität lernen? Welches sind die Eigenschaften charakterisieren einen erfolgreichen Modedesigner?
Ich glaube, dass jedem eine schöpferische Kraft mitgegeben wurde, manchen vielleicht stärker als anderen. „Creativity comes from technique” ist das Mantra von Vivienne Westwood, bei der ich studiert habe. Indem man eine Vielfalt an handwerklichen und künstlerischen Techniken lernt, lässt sich Kreativität stimulieren. Was sich nicht lernen lässt, sind Neugierde, Euphorie und die Bereitschaft intensiv und hart zu arbeiten. Und das sind meiner Meinung nach auch die Eigenschaften, die man benötigt, um ein erfolgreicher Modedesigner zu werden.
Womit beginnen Ihre Entwürfe: mit dem Textil oder dem Schnitt?
Meist beginnen meine Entwürfe mit einer Idee, einem Konzept oder einer Geschichte. Das ist der rote Faden, der dann sowohl die Schnitttechnik als auch die Wahl der Stofflichkeit und die Farbwelt bestimmt. Ich fange viele Entwürfe drapierend an der Schneiderbüste an, dann erst folgt die Stoffwahl.
Ist Mode Handwerk oder Kunst?
Das ist die ewige Frage. Kann Mode nicht beides sein?
Modedesign ist die Gestaltung von Bekleidungsstücken im einfachsten Fall, sie ist Ausdruck von Identität oder Gruppenzugehörigkeit und immer wieder fungiert Mode auch als politische Plattform. Bei Haute Couture Modenschauen sehen wir handgefertigte Unikate von höchster Qualität. Wäre das dann Kunsthandwerk oder Kunst? In den großen Museen, wie dem Victoria and Albert Museum in London, MoMA in N.Y oder hier in Berlin, im Kunstgewerbemuseum, ist Mode bereits ein fester und wachsender Bestandteil der ständigen Sammlungen. Große Retrospektiven bekannter Modeschöpfer oder thematische Ausstellung mit aktueller Mode ziehen Besucher in die Museen. Heißt das dann nicht, dass Mode nun offiziell zur Kunst avanciert ist, obwohl sie dem Handwerk treu bleibt?
Welches waren Ihre persönlichen Highlights als Designerin?
Mein erstes Highlight war, als meine erweiterte Diplomkollektion zu den Finalisten des 14. Festival International des Arts de Mode im französischen Hyères zählte. Das ist ein Mode- und Fotofestival für junge Designer und Fotografen, welches die ersten Kontakte in die internationale Modewelt garantiert. Weitere Highlights waren natürlich, als Designerin bei Vivienne Westwood in London und bei Luca Luca in New York zu arbeiten. Beides ganz unterschiedliche Labels auf unterschiedlichen Kontinenten mit großen Modenschauen und Produktionsstätten in Italien. Später mein eigenes Label in London zu gründen – das war ein großer Traum und ein Meilenstein für mich und ich freue mich darauf, meine Studentinnen und Studenten auf ihre Highlights als Fashion Designer vorzubereiten.